2. Reise mit der Deutschen Bahn im Winter
Leider ging es mir in den letzten Tagen nicht so gut, daher jetzt erst der Bericht über die Rückreise aus Berlin.
Vorher möchte ich aber noch einmal leicht abgeändert die zentralen Sätze aus dem ersten Bericht wiederholen, die begründen, warum ich überhaupt diese Berichte schreibe und sie auch im Parkschützerforum bekannt mache:
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nun also:
Meine 2. Reise, nämlich am 1. Weihnachtsfeiertag (25.12.2010 9.59) von Berlin Ostbahnhof nach Wiesloch-Walldorf (vorgesehene Ankunft: 18.24)
In der Nacht hatte es in Berlin stark geschneit. Mein Bruder hat mich vom fernsten Köpenick zum Ostbahnhof gefahren mit seinem Auto, weil ich mich auf die öffentlichen Verkehrsmittel auch in Berlin nicht verlassen wollte – schließlich hatte ich eine sog. Zugbindung zu beachten (Sparpreis von 29 Euro auch für diese Rückfahrt). Wir waren früh genug an Ort und Stelle. Der Regionalzug nach Magdeburg hatte laut Auskunft nur 7 Minuten Verspätung, bei den andern Zügen sah es erheblich schlimmer aus. Vor „meinem“ Regionalzug fuhren zwei weitere Regionalzüge mit großer Verspätung auf demselben Gleis ab. So konnte auch der von mir gewünschte Zug erst mit ca 20 Minuten Verspätung losfahren. Aber wir hatten einen sehr informationsfreudigen Zugführer, der sofort bei der Abfahrt mitteilte, dass z. Zt. auf unserer Strecke mehrere Regionalzüge „im Stau“ stünden, wodurch die Verspätung sicher zunehmen würde. Aber es ging jedenfalls weiter – und geheizt war der Zug auch. Irgendwo hinter Brandenburg ließ sich der Zugführer dann wieder vernehmen. Leider könne die Strecke nur einspurig befahren werden, d.h. wir würden erst den Gegenverkehr durchlassen müssen, und außerdem würde unser Zug anschließend gegen den Fahrplan an jeder Haltestelle anhalten. So war ich mit ca 50 Minuten Verspätung in Magdeburg. Da wäre mein Anschlusszug längst weg gewesen, aber der war – wie der auf der Hinfahrt – ausgefallen. Der Zugführer des Regionalzugs aus Berlin hatte uns gebeten, uns am Servicepoint kundig zu machen, wie wir weiter kommen könnten.
Da ich ja von der Hinfahrt am 16.12. hinlänglich informiert war, was in Magdeburg am Servicepoint wohl auf mich zukommt, sah ich mich erst einmal auf dem Bahnsteig, auf dem ich angekommen war, um. Zur allgemeinen Stimmung hier: es war bitterkalt, es schneite und – was am schlimmsten war – etwa jede Minute ertönte eine automatisierte Lautsprecherstimme, die Fahrgäste an den diversen Gleisen ansprach, um auf Verspätungen und ausgefallene Züge hinzuweisen – das Highlight dieser Texte war die stereotype Wiederholung des Schluss-Satzes – ich habe es noch heute im Ohr: „Wir bitten um Entschuldigung!“ Zurück zur konkreten Situation: da stand ein Zug an meinem Bahnsteig, der nach Braunschweig fahren sollte. Das fand ich vielversprechend – immerhin ein Stück Richtung Hannover, wohin ich ja als nächstes wollte. Ich stieg in den Zug ein. Im Abteil vorne dran saßen einige junge Leute. Ich ging in ihr Abteil und fragte sie, ob sie wüssten, wann dieser Zug weiterfahren würde. „Nein,“ sie säßen hier jetzt schon eine Stunde, wenn ich Lust hätte, könne ich mich gern zu ihnen setzen, dann würde es unterhaltsamer. Na das war nicht meine Absicht. Ich verkündete, dass ich wieder aussteigen würde und versuchen am Zug jemanden zu finden, der etwas weiß. Vorn an der Zugspitze traf ich auf einige Verantwortliche. Der Zugführer sagte, es habe einen Oberleitungsschaden gegeben und leider sei noch ein Schaden an der Lok hinzugekommen. Wenn der beseitigt sei, dann würde der Zug nach Braunschweig fahren. Er wolle direkt zur Lok (die am Ende des Zuges war) gehen und sich erkundigen. Ich ging beruhigt zu „meinem“ Abteil und sagte den jungen Leuten nebenan hoffnungsvoll Bescheid. Noch während wir uns unterhielten, kam die Stimme des Zugführers aus dem Lautsprecher: „Dieser Zug fällt wegen unbehebbaren Lokschadens leider aus.“ Immerhin hat er nicht um „Entschuldigung“ gebeten. Also alle raus aus dem Zug. Und nun hatte ich wieder das Vergnügen „Servicepunkte in Magdeburg“ zu genießen – dabei immer auch ne Menge Gepäck! An den beiden mir bekannten Stellen war wieder wie bei der Hinfahrt viel los. Ich zog zunächst ganz anständig mein Wartemärkchen, aber im Laufe der Zeit begann ich innerlich zu kochen. An jeder der beiden Stellen waren zwei Schalter besetzt. Die Bahnbediensteten dort fertigten jeweils eine Person in einer Schlange ab – das dauerte! zwischendrin immer die Durchsagen von den Bahnsteigen. Schließlich platzte mir der Kragen: ich rief in den Raum mit den Wartemärkchenapparaten laut hinein: „Könnten Sie nicht vielleicht einmal zentral durchsagen, wann der nächste Zug nach Hannover fährt, wann der nächste nach Berlin und so weiter, damit man weiß, woran man ist!“ Alle, sowohl die Frauen an den Schaltern als auch meine Mitreisenden, sahen mich entgeistert an, als sei ihnen gerade ein Alien über den Weg gelaufen. Dann sagte eine der beiden Beamtinnen, ich möge mich an den Servicepoint auf der andern Seite wenden. Da saßen auch zwei Frauen hinter einer langen Glasscheibe und fertigten (wie die im andern Raum) einzeln irgendwelche Reisenden ab. Ich öffnete die Tür, die seitlich hinter die Glasscheiben führte – sicher unerlaubt, und trug hier erneut meine Bitte nach zentralen Durchsagen vor. Wieder entgeisterte Blicke! Als ich die Tür etwas zu fest zuzog, begann mich die mir näher sitzende Frau zu beschimpfen. Ich ging und grübelte, was ich jetzt machen könne … da sah ich ein „Rotkäppchen“ mit zwei Reisenden eine Treppe hinuntergehen – „Rotkäppchen“, das ist doch auch jemand von der Bahn, schoss es mir durch den Kopf. Ich sprach sie an und trug ihr mein Problem vor und fragte sie, ob es denn keinen Bahnhofsvorstand oder so was gebe „Aber doch nicht an Weihnachten!“ antwortete sie. „Aber“, so fügte sie hinzu, „der ganze Verkehr nach Hannover wird heute über Wolfsburg umgeleitet. Der Triebwagen steht auf Gleis 2!“ Ich: „Aber warum können Sie das denn nicht mal zentral für alle Interessierten durchsagen oder durchsagen lassen!?“ Sie: „Ich bin nicht berechtigt, Durchsagen zu machen!“ Mir fiel nichts mehr ein – ich fragte, ob der Triebwagen denn auch wirklich heute fährt. Sie bestätigte das, ich ging zu dem genannten Gleis und fragte den Mann, der den Zug lenken würde, der sagte: ja er sei eben aus Wolfsburg gekommen – ohne Probleme! insofern gehe er davon aus, dass er auch normal zurückfahren werde.
So fuhr ich durch eine wunderbare Schneelandschaft, aber sehr langsam, nämlich mehr als eine Stunde – und der Zug hielt an jeder Haltestelle – von Magdeburg nach Wolfsburg. Auf dem Bahnsteig, an dem ich ankam, standen einige Reisende, schnatternd und frierend; denn auch in Wolfsburg war es bitterkalt und windig und es schneite auch. Angekündigt war hier ein ICE nach Köln und Düsseldorf, wobei aber schon auf der Ankündigungstafel stand, dass nur der Zugteil nach Köln fahre, der andere Zugteil falle heute aus. Ein älteres Ehepaar hatte ihren Sohn, der nach Hamburg wollte, anscheinend zum Bahnhof gebracht. Sie hatten Angst, dass der Zug nicht fährt. Die Automatenstimme ertönte und teilte mit, dass der ICE nach Köln ausfalle. Blankes Entsetzen auf allen verfrorenen Gesichtern! Die Anzeigentafel wurde aber nicht geändert. Nach einiger Zeit wieder die Automatenstimme: „Vorsicht durchfahrender Zug! Bitte treten Sie von der Bahnsteigkante zurück!“ Was??? dachte ich, die lassen einen Zug ausfallen und anschließend lassen sie die Leute, die in diese Richtung auch fahren wollen, in der Eiseskälte stehen und einen Zug durchfahren??? kann doch nicht sein! Aber es war so, zwar mit etwas verlangsamtem Tempo, aber dieser ICE Richtung Hannover hielt nicht an. Ich konnte es nicht glauben! Danach stellten sich einige Reisende in eine Art Warteraum, viel zu klein für alle, aber immerhin überdacht, vielleicht beheizt. Ich selbst blieb mit einigen andern draußen stehen. Immer noch war der Zug nach Köln angezeigt. Während ich überlegte, ob ich jetzt auch die Vergnügungen des Servicepoints in Wolfsburg genießen sollte, ertönte mit einem Male ein leiser Ruf, der immer lauter wurde: „Da kommt ein Zug! Da kommt ein Zug!“ Wirklich zeigten sich in weiter Ferne zunächst, dann immer näher kommend drei Lampen. Ich befürchtete, da gar keine Durchsage erfolgt war, dass auch dieser Zug durchfahren würde, aber o Wunder! der hielt. Es war ein ICE nach Köln. Glück für die Leute, die auf diesem Bahnsteig ausgeharrt hatten, alle andern haben von diesem Zug gar nichts mitbekommen. Ich hoffte, dass ich bis Hannover kontrolliert würde; denn enweder wollte ich die Zugbindung aufgehoben haben oder ich hätte mich mit dem Personal richtig angelegt! Aber das war nicht nötig. Eine sehr freundliche Schaffnerin hob die Bindung auf. Als ich sie fragte, ob es sinnvoll sei, mit diesem Zug über Köln nach Mannheim zu fahren, weil es vielleicht um Kassel herum wieder nicht weiter geht, bat sie mich den Zugführer aufzusuchen, der in einem Abteil neben dem Speisewagen sitzen würde. Der war nun – wenn das überhaupt möglich ist – noch freundlicher, schrieb auf die Fahrkarte, dass ich auch ICEs benutzen dürfe, schaute in einem Informationssystem nach, ob es besser sei, in Hannover den Zug zu verlassen oder bis Köln mitzufahren. Er riet mir in Hannover auszusteigen; denn auch im Rheinland habe es heftig geschneit. Ich ging wieder zu meinem Platz und machte die Bahnreisenden darauf aufmerksam – immerhin habe ich ja schon lange und immer einen „OBEN BLEIBEN!“ – Button an meiner Jacke – wie gut ud schön es doch wäre, wenn die Deutsche Bahn ihre normalen Hausaufgaben erledigen würde statt so sinnlose Projekte wie Stuttgart 21 durchzuziehen. Ich stieß durchaus auf offene Ohren. Ein Mitreisender kam aus dem Wendland, er sei da bereits überaus beschäftigt, aber natürlich wünschte er uns viel Erfolg! – konnte ich nur zurückgeben.
In Hannover stieg ich dann aus, bekam auch hier wieder guten Rat und f
uhr mit einem ICE nach Mannheim. Auch in diesem Zug agitierte ich logischerweise in Bezug auf den guten Kopfbahnhof in Stuttgart. Die Dame, die neben mir saß, war eine Schweizerin. Sie musste in Basel umsteigen, um dann noch Richtung Schaffhausen zu fahren. Sie kritisierte natürlich auch die Zustände bei der Deutschen Bahn und lobte die in der Schweiz, wo auch ein ICE warten würde, wenn ein Regionalzug Verspätung hat. Der ICE hatte in Hannover ca 50 Minuten Verspätung. Leider hatte er in Mannheim noch heftig dazu gesammelt (bis dahin waren es 107 Minuten geworden) –
und dann kam das Highlight der ganzen Fahrt: der ICE aus Hannover fuhr um 21.29 in Mannheim ein. Auf dem Nachbarbahnsteig stand bei der Ankunft dieses ICEs noch meine S-Bahn nach Wiesloch-Walldorf – aber die ließ man fahrplanmäßig auf den Punkt genau um 21.29 abfahren – keine Chance für mich und mindestens ein Ehepaar, das auch mit dieser S-Bahn hatte fahren wollen – das bedeutete: eine Stunde Wartezeit! Dazu hatte ich verständlicherweise keine Lust mehr, sondern bin mit einer S-Bahn nach Heidelberg gefahren und anschließend mit Straßenbahn und Autobus nach Wiesloch. Ungefähr um 23 Uhr war ich zu Hause.